Aus dem Landtag: Landespolitik für Niedersachsen

Die Ergebnisse der Landtagswahlen von Thüringen und Sachsen kamen nicht unerwartet, sind uns aber trotzdem heftig in die Glieder gefahren. Wir haben gerade in unserer traditionellen Wählerschaft augenblicklich Vertrauen verloren, stattdessen wurde von über 30% der Wählenden eine Partei gewählt, die dort gesichert rechtsextremistisch ist und in Thüringen sogar von einem bekennenden Demokratiegegner geführt wird.
Das schreckt viele nicht mehr ab, es ist kein Protest gegen die als zu komplex wahrgenommenen demokratischen Spielregeln mehr, da wird bewusst nach Autorität und einfachen Lösungen gesucht.
Was hilft, um unsere Demokratie zu bewahren?
Wir müssen die Forderung der Menschen nach Sicherheit aufnehmen und diese politisch wirksam angehen und abschließend ebenso gut kommunizieren.
Ich denke, mit der gemeinsamen Aktion der Landesregierung in enger Abstimmung mit der Bundesregierung, den Landtagsfraktionen der Regierungsparteien und der CDU-Opposition haben wir ein gutes Beispiel gegeben, wie wir erfolgreich über 3.000 Arbeitsplätze bei der Meyer-Werft und weitere 17.000 bei den Zulieferern sichern konnten. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie Populisten und Extremisten in dieser Lage agiert hätten.
Warum haben wir uns als Politik überhaupt eingebracht?
Die Werft ist ein niedersächsisches Traditionsunternehmen, das in der ganzen Welt für deutsche Qualität, Innovation und technologische Spitzenleistung im Schiffbau steht. Nun drohte die Insolvenz, denn die Werft hatte mit zahlreichen Herausforderungen zu tun: Weltweite Pandemie ab 2019 hat die Kreuzfahrtindustrie nahezu zum Stillstand gebracht, die Auftragslage ist eingebrochen und Aufträge wurden geschoben. Zudem gab es globale Lieferkettenprobleme, steigende Kosten und hohe Energiepreise. Gleichzeitig ist wichtig zu betonen, dass 80% der Auftragssumme eines Schiffes erst bei Übergabe gezahlt wird.
Weil wir überzeugt sind, dass unser Vorzeigeunternehmen Meyer-Werft für den Standort Deutschland mit seinen hoch qualifizierten Arbeitnehmenden nach dieser „Überbrückungshilfe“ und verbindlich vereinbarten Bedingungen wieder voll eigenständig handlungsfähig sein wird, haben wir uns eingebracht durch eine Beteiligung über 400 Millionen Euro von Bund und Land und einer Summe von über 2,6 Milliarden Euro, die Bund und Land verbürgen sollen. Die Beteiligung der Belegschaft wird zudem gestärkt und der Firmensitz wird zurück von Luxemburg nach Deutschland verlegt.
Demokratiebildung nur im Politikunterricht?
Ein anderer Aspekt des Umgangs mit Populismus und schwindender Bedeutung unserer demokratischen Spielregeln ist die Problematik der zunehmenden Informationsbeschaffung zur politischen Sozialisation lediglich aus sozialen Medien. Demokratiebildung kann auch als Thema im Politikunterricht allein nicht mehr vermittelt werden, Demokratie muss aktiv erlernt und erlebt werden. Es braucht den Diskurs, unterschiedliche Meinungen und das Ringen um das beste Argument. Ich durfte zu diesem Thema kürzlich im Landtag den Erschließungsantrag vorstellen.
Wir werden Klassenräte als demokratisches Gremium an allen Schulformen ab Klassenstufe 1 in Niedersachsen etablieren und als einen Baustein zur Demokratiebildung verpflichtend einführen. Diese Maßnahme soll flächendeckend allen Schüler:innen die Möglichkeit geben, sich aktiv an der Gestaltung ihres Schulalltags zu beteiligen und erste Erfahrungen mit gelegentlich anstrengenden demokratischen Prozessen zu sammeln. Berichte aus den Schulen zeigen, dass die bereits bestehenden Klassenräte auch für ein besseres Schulklima sorgen und Mobbing- und Gewaltprävention leisten.
Die rot-grüne Koalition steht generell für mehr politische Mitbestimmung junger Menschen, denn sie sind die Zukunft unseres Landes und besonders von den Weichenstellungen der Gegenwart betroffen.
Schüler:innen, die praktische eigene Erfahrungen mit politischen Abstimmungsprozessen gemacht haben, sind für populistische Rattenfänger weniger anfällig. Ich hatte gerade Schüler:innen der Bardowicker Hugo-Friedrich-Hartmann-Oberschule im Landtag zum Thema „Medienarbeit“.
Im Rahmen des Projektes Landtag-Online haben sie mich drei Tage in Hannover begleitet und Interviews mit Minister:innen und Abgeordneten geführt – professionell und engagiert! Sie haben es sogar geschafft, Stephan Weil sein Lieblingsgedicht zu entlocken… alles abrufbar unter n-21.de!
Schüler:innen wie diese haben die nötigen Werkzeuge für den Umgang mit unserer demokratischen Gesellschaft erarbeitet und lassen sich für schnelle Scheinlösungen wesentlich schwerer vor den Karren spannen.
Philipp Meyn MdL