Destruktive Erwartungen und der gute Wille
Der Lüneburger SK möchte auf dem Gebiet der Gemeinde Wendisch Evern (s)ein Fußballstadium bauen.

Eine Umfrage hat lautstark Mahner und Warner vernehmen lassen. Die Kritik entzündet sich an der Lichtverschmutzung und Lärmbelästigung, die entstehen mögen. (Ob die Befürchtungen eine Basis haben?: Vielleicht mal in Neetze fragen, wo der LSK z.Zt. spielt) Positiv dagegen: Unserem SV Wendisch Evern fehlen Trainingsmöglichkeiten. Auch er könnte am dem Gelände des neuen Stadions trainieren. Recht überraschend wurde nun im Ort, nahe dem Vereinsgelände des SV Wendisch Evern, ein Gelände zum Kauf in Aussicht gestellt. Der Vorteil durch ein LSK-Stadion entfiele, wenn sich das in Aussicht Gestellte irgendwie präzisierte.

Dass ein Trainingsgelände beim Vereinsheim auch mehr Lärm und mehr Lichtverschmutzung als bisher zur Folge haben werden, spielt offenkundig keine Rolle. Sicher: Eine geringere Benutzungsfrequenz belästigt auch weniger stark die angrenzend wohnende Bevölkerung. Das mag sein, doch beim Training auf neuem Gelände beim Vereinsheim des SV Wendisch Evern würden Lärm und Licht von einer Anhöhe sich ungehindert ausbreiten, während das geplante Stadion im Tal liegt, was die Beherrschung von Verschmutzung durch Licht und Lärm begünstigt. Auch fehlt die Bewertung, dass Anwohner zum Stadion in ca. 500m Entfernung wohnen, Anwohner zum in Aussicht gestellten Gelände (gefühlt) weitaus näher Haus und Garten liegen haben, was den Vorteil geringerer Nutzerfrequenz weiter minimiert.

Es ließen sich weitere Vor- und Nachteile beider Standorte bedenken. Ich lasse es. Ich lasse auch diffuse Spekulationen beiseite, inwieweit Gewerbeansiedelung durch ein Stadion Tür und Tor geöffnet würden, denn sie sind das, was sie sind: Spekulationen.

Wichtiger ist: Was auffällt, ist, dass auf der einen Seite (LSK-Stadion) die Argumentation beinahe ausschließlich in Form destruktiver Erwartungen er-folgt, während auf der anderen Seite beim neu in Aussicht gestellten Gelände allein vorbehaltlos Begeisterung und der gute Wille des „Heureka“ waltet.

Die Formulierung destruktiver Erwartungen entzündet sich weniger an lösbaren Problemen denn eher daran, dass der LSK ein Lüneburger Verein ist, der auf dem Gebiet von Wendisch Evern nichts zu suchen habe.

Wir als Dörfler nutzen wie selbstverständlich die Infrastruktur der Stadt (Krankenhaus, Kino, Gastronomie, Kulturveranstaltungen u.a.m.).

Zur Stadt hin wird also keine Grenze gezogen. Stadt und Land aber „sind aufeinander angewiesen. Es besteht somit eine Interessen- und Verantwortungsgemeinschaft“, meint Gerhard Henkel in seinem Buch „Rettet das Dorf“. Worauf es ankäme und wovon beide Seiten profitierten, wäre der „Austausch, vom Geben und Nehmen zwischen Stadt und Land“. Wenn dem so ist, warum nicht also ein LSK-Stadion vor Ort? Partizipation, nicht Abgrenzung. Diesen Austausch zu wagen wäre ein Schritt in eine solche Richtung. Leben ist Veränderung und der Erhalt des Status Quo nur eine freundliche Umschreibung für einen langsamen Niedergang. Auch Wendisch Evern ist davon betroffen: Weder gibt es einen Gasthof mehr noch einen Dorfladen. Und der Bahnanschluss wird nur noch auf Zeit erhalten sein.

Seine Abwicklung ist längst beschlossene Sache. Henkel dazu: "Die Infrastrukturverluste sind schon weit fortgeschritten". Bezogen auf den demographischen Wandel leitet Henkel her, dass "schwerpunktmäßig die Gruppe der 18- 27-Jährigen [] aus ländlichen Gemeinden wegzieht." So weit ist das eine Verlustgeschichte in "einem 'Teufelskreis' des Niedergangs." Auch Werner Bätzing in „Das Landleben“ stützt dies.

Freizeitangebote zu stärken kann ein Grund sein, um einen Zuzug einer jüngeren Generation ins Dorf positiv zu unterstützen. Anstatt den Status Quo zu verwalten, heißt es, Zukunft ak-tiv & mutig zu gestalten. Daniel Goeudevert schreibt: „Die schönste Konstante im Leben, [...], ist Veränderung. Warum wir stets dagegen aufbegehren und Leuten vertrauen, die Kontinuität oder gar Restauration predigen, ist mir ein Rätsel.“ Anstatt einseitig die destruktiven Erwartungen wie bisher zu stärken, wäre konstruktiv das Vorhaben LSK-Stadion zu begleiten. Es kann einen Aufbruch (wie bei Kafka) bedeuten und im Sinne aller sein.

Norbert Schläbitz, Ratsmitglied Wendisch Evern